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Hamburger Abendblatt vom 13.05.2003

Kabelka - Heiler der Sportstarts

Orthopäde - Der Knie- und Schulterspezialist betreut die Tennis-Elite am Rothenbaum.

Von Christoph Rind

Seine Patienten sind weltbe-rühmt: Radprofi Jan Ullrich, die Tennnisstars Pete Sampras. Tommi Haas, Michael Stich und lvan Lendl oder die Box-Brüder Klitschko. All ihr Erfolg liegt auch in den Händen von "Doc" Bernd Kabelka (45). Der Orthopäde ist Spezialist für zwei Körperteile, die beim Kampf um Sieg und Punkte oft Blessuren davontragen: die Knie und die Schultern. Jetzt ist der Sportmediziner wieder im Dauereinsatz. Er betreut die Tennisprofis am Rothenbaum, Ein Job, den er seit 15 Jahren nebenher macht.

Sein Alltag beginnt morgens um 6.30 Uhr mit der Visite im Blankeneser Tabea-Krankenhaus. Dort ist Kabelka, der auch einen Lehrauftrag für Sportmedizin an der Uni Hamburg hat, Chefarzt der Orthopädie und Sporttraumatologie (Sportverletzungen). An drei oder vier Vormittagen in der Woche operiert er hier. Wenn er mit breitem Lächeln sagt, "den Spaß am Operieren habe ich mir erhalten", muss man ihm einfach glauben. "Es ist wichtig, die eigenen, Grenzen zu kennen", sagt Kabelka, was für den Sport gilt, "aber auch für den Operateur".

So operiere er zum Beispiel keine Wirbelsäulen, "da gibt es Bessere als mich", sagt Kabelka.

Außerdem betreibt er eine Praxis in Eppendorf, unterstützt von einer Assistenzärztin. Hier sind viele seiner Patienten Hobbygolfer und Freizeit-Tennisspieler, die hoffen, von dem Wissen zu profitieren, das Kabelka bei der Heilung der Profis einsetzt.

Als einer der ersten in Deutschland wagte sich der gebürtige Ostwestfale (aus Paderborn) an ein Verfahren, das er an der Harvard University und in Göteborg erlernt hatte: die Übertragung körpereigener Knorpel-Zellen am Knie. Seit 1987 wurden weltweit 8000 Eingriffe vorgenommen, knapp hundert von Bernd Kabelka.

Wann wird die Methode eingesetzt? Bei begrenzten Knorpeldefekten, nicht jedoch bei einer ausgeprägten Arthrose. Zum Beispiel nach einem Sportunfall, wenn mit einem "Knacks" das Kreuzband gerissen und ein Stück Knorpel abgesplittert ist.

 

Knorpelgewebe wächst nicht nach. Die Knorpelschicht schützt jedoch die Gelenke und puffert Kraftstöße ab. Defekte sind schmerzhaft und schränken die Kniebelastung ein.

Kabelka entnimmt dann dem Patienten ein hirsekorngroßes Knorpelstück. In einem Spezial-Labor in Freiburg wird daraus neues Gewebe gezüchtet. Nach vier Wochen kommen zwei bis drei Milliliter einer bräunlichen Flüssigkeit zurück, "voll mit zehn bis 15 Millionen hoch agiler Knorpelzellen", so Kabelka. In einer Anderthalb-Stunden-OP werden sie eingesetzt. Sie heilen den Defekt. Erfolgsquote: über 80 Prozent. Umgerechnet 10000 Euro kostete vor sechs Jahren noch die Anzucht des Gewebes, heute nur noch die Hälfte. In den kommenden Jahren werde sich bei technischen Verfahren mit körpereigenem Material "enorm viel tun", sagt Kabelka voraus, immer vor Augen: die Patienten schnell wieder fit zu machen. Ein Ziel, das Profisportlern schneller gelingt wegen ihrer durchtrainierten Muskeln und eines eisernen Willens.

Soll man nach einer Verletzung auch gegen Schmerzen antrainieren? Kabelka: "Schmerz ist immer ein Warnsignal, erst muß man die Ursache klären, bevor man zum Beispiel mit Medikamenten den Schmerz betäubt. Auch Hobbysportler können für ihr Training von den Profis lernen, meint der Sportmediziner. So habe Ivan Lendl schon vor zwölf Jahren - damals noch ungewöhnlich - genau jene Muskeln gezielt trainiert, die bei typischen Tennisbewegungen eigentlich nicht beansprucht werden. "Doch auch die unterrepräsentierten Muskelgruppen tragen dazu bei, die Gelenke auf Dauer funktionstüchtig zu halten", sagt Orthopäde Kabelka.

Schwachpunkt Schultern: Die Schmerzen bei Freizeittennisspielern würden häufiger durch Überlastung als durch Stürze entstehen. Kabelka rät zu täglich fünf bis zehn Minuten Muskelaufbauprogramm mit einem Therapieband (im orthopädischen Fachgeschäft, mit Übungsanleitung).

Der "Doc" selbst hält sich mit Tennis, Mountainbiken und Golfen fit. Letzteres am liebsten auf dem Sechs-Loch-Platz in Flottbek. "Da reichen anderthalb Stunden." Bei dem Terminkalender ist Tempo Programm. Dazu passt der Porsche Cayenne, ein Sport-Gelände-Wagen. Sein Traum? "Mein Handicap von 30 verbessern und das Tabea-Krankenhaus zu einer der besten Sportkliniken machen."