Hilfe bei Rückenbeschwerden
Ausschaltung von Schmerz durch Hitzesonde
Rund 4o Prozent der Patienten einer
orthopädischen Arztpraxis klagen über von der Wirbelsäule
ausgehende Schmerzen. Das ist nicht verwunderlich: Als größtes
statisches Achsenorgan ist die Wirbelsäule in ihrer Funktion
großen Belastungen ausgesetzt. Häufig treten daher
Verschleißerscheinungen auf, die oft starke Beschwerden
verursachen. Viele Menschen denken bei Rückenschmerzen
zuerst an einen Bandscheibenvorfall. Glücklicherweise
ist dies aber nicht immer der Fall - es gibt vielfältige
Ursachen für Schmerzen an der Wirbelsäule. Die Patienten
sind jedoch durch die Berichte über missglückte
Wirbelsäulenoperationen derart sensibilisiert, dass sie
oft lieber einen ständig zu verspürenden Schmerz
in Kaufnehmen als sich einer Behandlung zu unterziehen. Dabei
muss heute in den wenigsten Fällen operiert werden. Dazu
der Hamburger Orthopäde Prof Dr. Bernd M. Kabelka: "Den
Befürchtungen der Patienten können wir
heute gelassener als früher entgegentreten - es muss
nur noch selten operiert werden. Man verfügt heute über
eine ganze Reihe von Methoden, mit denen Wirbelsäulenschmerz
bei geringster Traumatisierung des umliegenden Gewebes wirksam
therapiert werden kann."
Schmerzende Wirbelgelenke
Schuld an heftigem Rückenschmerz ist nicht selten ein
sogenanntes „Facetten-syndrom": Dies ist oft durch
die Höhenmindereng des Zwischenwirbelraums als Folge
von Bandscheibenschäden oder auch noch einer bereits
erfolgten Bandscheibenoperation bedingt. Dabei drängen
die Gelenkflächen der Wirbelbogengelenke (Facetten) schmerzhaft
ineinander und führen so zur Reizung einzelner Nervenfasem.
Im Gegensatz zu einer Reizung der Nervenwurzel handelt es
sich hier nicht um einen fortgeleiteten, ausstrahlenden Schmerz,
sondern im Allgemeinen um recht gut lokolisierbare, regional
auftretende Beschwerden.
Aber auch eine Arthrose in den Gelenken der Wirbelsäule
kann zu starken Schmerzen führen. Prof. Kabelka: Bei
einer solchen Arthrose führen die durch den entzündlichen
Prozess freigesetzten Botenstoffe zu einer fortgesetzten Nervenreizung.
Die Beschwerden dieser Veränderungen können derartig
schmerzhaft und langwierig sein, dass sie nicht selten mit
Bandscheibenerkrankungen oder Nervenschmerzen, welche in Beine,
Gesöß und Bauchraum ausstrahlen, verwechselt werden.
Mit konservativen Therapien kann man hier oftmals nicht viel
ausrichten, da ja die Arthrose nicht geheilt werden kann."
Wie behandelt man nun einen solchen Schmerz?
"Natürlich erfolgt zunächst ein Behandlungsversuch
mit entsprechenden Medikamenten. Auch eine entsprechende Physiotherapie
kann als begleitende Maßnahme im Sinne einer nicht-invasiven
Therapie eingesetzt werden. Zeigen diese Maßnahmen aber
keinen Erfolg oderverbieten sie sich von vornherein auf
Grund der Diagnostik, sollte man auf eine der relativ neuen
minimalinvasiven Techniken zurückgreifen", erläutert
Prof. Kabelka.
Eine dieser Methoden ist die Radiofrequenz-Thermokoagulation
("Hitzesonde"). Der Eingriff erfolgt ambulant, unter
Lokalanästhesie, wobei der Patient auf dem Bauch liegt.
Hierbei wird zunächst
unter Röntgen-oder CT Kontrolle eine nur etwa 0,2 mm
dünne Sonde vorsichtig an den zu behandelnden Bereich
herangeführt. Um sicherzustellen, dass ausschließlich
die schmerzauslösenden Nerven behandelt werden, wird
zunächst ein Reizstrom durch die Sonde geleitet, mit
dem sich ihre korrekte Lage prüfen lässt. Dabei
bemerkt der Patient einen leichten
Druck oder ein Kribbeln im Rückenbereich. Die Spitze
der. Thermosonde erwärmt sich anschließend auf
75 °C. In nur 90 Sekunden wird so ein etwa fingernagelgroßer
Bereich verödet - der Schmerz hört unmittelbar auf.
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Verödung der schmerzenden Nervenenden birgt kaum
Risiko
Da es sich um einen ambulanten Eingriff handelt, kann der
Patient bereits etwa eine Stunde darauf wieder die Praxis
oder Klinik verlassen und seinem gewohnten Tagewerk nachgehen.
Aufgrund des durch die Schmerzfreiheit erreichten Zugewinns
an Mobilität (der Patient verharrt nicht mehr in einer
für ihn schmerzarmen Schonhaltung) wird bereits nach
kurzer Zeit die Rückenmuskulatur merklich entspannt und
auch besser durchblutet. Dies führt wiederum quasi automatisch
zu einem Trainingseffekt: "Die verkrampfte Haltung weicht
wieder einer natürlichen Bewegung, welche die oftmals
verkümmerte Muskulatur bereits über einen kurzen
Zeitraum hinweg wieder aufbaut", bemerkt Prof. Kabelka.
„Durch den Stützeffekt erreicht man wiederum eine
weitere Schmerzreduktion."
Der Nerv erholt sich - der Schmerz bleibt
verschwunden
Die verödeten Schmerznerven erholen sich nach ein biszweiJahren,
und die Nervenenden finden wieder zueinander. Das heißt
jedoch nicht, dass die Schmerzen wiederkehren, denn die lange
Unterbrechung derSchmerzleitung hat auch in vielen Fällen
eine positive Wirkung auf das sogenannteSchmerzgedüchtnis.
So ist es nicht ungewöhnlich, dass trotz wiederkehrender
Empfindung der Nerven die Schmerzfreiheit für eine lange
Zeit- nicht selten für immer - anhält. Bei erneuter
Beschwerdesymptomatik kann der Eingriff dann problemlos wiederholt
werden. Insgesamt kann die Thermokoagulation als
äußerst effektives schmerztherapeutisches Verfahren
gekennzeichnet werden, dessen Risiko mit schmerztherapeutischen
Injektionen in den Rücken gleichzusetzen ist. Bei entsprechender
Indikationwerden die Kosten füreine solche Behandlung
daher inzwischen auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Keine aufwendige Rehabilitation
Anders als nach einer Wirbelsaulenoperation ist nach diesem
Eingriff keine aufwendige Rehabilitation nötig, um Beweglichkeit
undArbeitsfühigkeitdes Patienten wiederherzustellen;
eine Rückenschule, die zu 'richtiger Haltung anleitet
und zur Stärkung der tiefen Rückenmuskulatur beiträgt,
sollte jedoch auch hier dafür sorgen, dass die Gefahr
eines erneuten Auftretens der Beschwerden minimiert wird.
Der Hamburger
Orthopäde und Sportmediziner Prof. Dr. Bernd M. Kabelka
blickt unter anderem als Turnierarzt großer Tennisveranstaltungen
auf eine lange Erfahrung in der Behandlung von Bewegungsorganen
zurück. Für ORTHOpress hat er zusammengefasst,
für wen eine Wirbelsäulenbehandlung mit der
Thermosonde in Frage kommen kann:
- Patienten mit nicht bandscheiben-bedingtem chronischem
Rückenschmerz, bei denen andere Therapien nicht
zum Erfolg geführt haben
- Patienten mit schmerzhaftem Ineinander-drängen
der kleinen Wirbelgelenke (Facettensyndrom)
- Patienten mit Wirbelgelenkarihrose
- Patienten mit chronischem, nicht ausstrahlendem
VVirbelsäulenschmerz
- Patienten mit Schmerzsymptomen nach erfolgter Bandscheibenoperation
- Patienten mit schmerzhafter Nervoussprossung im
Bereich des äußeren Bandscheibenfaserrings
- Patienten mit lokalen Schmerzen durch einen angeboren
engen oder infolge von Degeneration stenosierten Wirbelkanal
Nicht in Frage kommt die Thermokoagutation bei:
- ausstrahlenden Schmerzen durch einen akuten Bandscheibenvorfoll
- Lähmungserscheinungen durch sequestrierte Bandscheibenvortölle
- Schmerzen durch osteoporosebedingte Wirbelkörpereinbrüche
- Bei entsprechenderindikation werden die Kosten füreinesolche
Behandlung von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen
übernommen
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